Der folgende Text wurde am 13. Juli 2010 im Rahmen der Theaterproduktion "Der Haarige Affe" in Hamburg aufgeführt. Es ging bei der Produktion, sowie auch im gleichnamigen Stück von Eugene O'Neill um die Frage "Wo gehöre ich hin?" oder "Wo ist mein Platz in dieser Welt?". Anders als die Hauptfigur kann sich meine Mutter nur noch schwer auf die Suche begeben und das war mein Ausgangspunkt um diese Texte zu verfassen. Was mache ich, wenn ich an einen Platz gefesselt bin...

 

Mein Körper – Mein Gefängnis

Ich bin gefangen in einem Gefängnis,
Es besteht nicht aus Mauern und Gitterstäben.
Es gibt keine Wärter und keinen Ausgang.
Ich weiß jetzt schon, dass ich niemals entlassen werde.
Ich weiß, dass hier der Platz ist wo ich, hoffentlich in Ruhe, einschlafen werde.
Deshalb versuche ich alles, um mir das hier so schön wie möglich zu gestalten. 

Füße – Beine – Hüfte – Hände – Arme – Zwerchfell – Lunge – 6 Jahre Gefängnis

Ich sehe von meinem Bett aus durchs Fenster nach Draußen einen Zaubergarten.
Ich möchte Euch noch so lange wie Möglich unterstützen, obwohl ich selber nicht mehr dabei aktiv werden kann.
Ich möchte noch Eure Kinder persönlich kennenlernen, auch wenn ich nicht mit ihnen spielen kann.
Ich möchte noch in alle wichtigen Entscheidungen mit eingebunden sein, auch wenn ich kaum noch sprechen kann.
Ich möchte mal wieder in den Urlaub fahren, auch wenn ich dabei fast einen Laster brauch um alle lebenserhaltenden Geräte mitnehmen zu können.
Ich möchte einfach so lange wie möglich Leben, damit ich so viel wie möglich miterleben kann, auch wenn es nur im Liegen ist.
Ich möchte geistig fit bleiben, damit ich alles wenigstens noch richtig verarbeiten kann. 

Füße – Beine – Hüfte – Hände – Arme – Zwerchfell – Lunge – 6 Jahre Gefängnis 

Gefangen an einen Ort, den ich mir nur beschränkt aussuchen konnte.
Gefangen in einem Körper, der nicht mehr mir gehört.
Gebunden an eine Maschine, die mir den nötigen Sauerstoff gibt und den unnötigen Kohlenstoff nimmt.
Gebunden an Menschen die mir die nötige Nahrung geben und mich waschen und pflegen.
Jede Sekunde kann es sein, das ich meinen kleinen verbliebenen Platz ganz verliere.
Ein Verschlucken oder ein Infekt, den mein Immunsystem nicht mehr bekämpfen kann, reicht aus, um meinen Platz zu verlieren.
Ich kämpfe um jeden Millimeter, der mir noch genommen wird. 

Füße – Beine – Hüfte – Hände – Arme – Zwerchfell – Lunge – 6 Jahre Gefängnis

R.Hauffe