JUNI 2012

"Was der Sonnenschein für die Blumen ist,
das sind lachende Gesichter für die Menschen!"
(Joseph Addison)

25. - 30. 06. 2012

Wenn auch mein Befinden noch ziemlich instabil ist, aber heute, Mittwoch bin ich richtig gut drauf. Ich habe zum ersten Mal zum Frühstück einen ganzes Tippel Kaffee geschafft und dazu eine kleine Scheibe Semmelbrot mit Käse verspeist. Das Ganze ohne mich zu verschlucken. Die Zeit im Rollstuhl konnte ich auf 2,5 h steigern. Astrid konnte so die Ergotherapie wieder an mir im Rollstuhl machen. Ich freue mich! 
Wolfgang fährt am Freitag mit der Bahn nach Dresden, denn Luis Kindergarten hat zum Oma-Opa-Nachmittag eingeladen. Abends kommt mein Bester ziemlich kaputt von der Hitze (33 grd), aber völlig begeistert zurück. Es war sehr, sehr schön und die Kita hat sich große Mühe gegeben beim Programm von den Kindern, bei Kaffee und Kuchen u.a. Opa hat Luis geärgert und ihn gefragt, ob er den in Luisburg war. Sehr empört antwortete er: Nöö, ich musste mit nach Moritzburg! - Herrlich!!!
Samstag - ist das eine Wärme! In meinem 2. Leben (nach dem 4. Juni dieses Jahre) bekommen mir die hohen Temperaturen gar nicht mehr. Aus diesem Grund musste ich den Befeuchter für die Atemluft ausschalten lassen. Dieser erwärmt die Luft auf 37 grd und "pumpt" sie so temperiert in meine Lunge. Also Außenluft ca. 30 grd und rein in mich 37 grd - na wunderschön! Heute ist seit 2 Monaten Melanie wieder bei mir zum Dienst Lächeln. Die ZGD hatte sie in Schneeberg eingesetzt, um personelle Löcher zu stopfen!?! 


18. - 24. 06. 2012
Zu Wochenbeginn muss Wolfgang früh um 8 Uhr in der Augenklinik in Bautzen antanzen für voraussichtlich 3 Tage. Ute Z. vom Chor, die in Bautzen arbeitet, nimmt ihn mit. Nachmittags ruft Wolfgang mich an und erzählt von zahlreichen Untersuchungen und dass er morgen bei der Visite erfährt, wie es weiter geht. Dienstagmitag um 1 Uhr steht er plötzlich schon wieder vor meinem Bett Lächeln. Die notwendige OP wird erst Mitte Juli durchgeführt. Na, ich freue mich, dass mein Schatz erstmal wieder bei mir ist.
Meine Ernährung mittels Sonde hat sich gut eingepegelt und mein Verdauungssystem hat sich darauf eingestellt. Ich bekomme pro Tag 1500g = 1500kcal, verteilt auf 4 gleichmäßige Mahlzeiten. Richtzeiten: 10, 13, 16 und 19 Uhr. Auch Flüssigkeit (Tee oder Wasser) und die Medikamente (gemörsert) werden über die PEG zugeführt. Zusätzlich trinke ich Tee oder Milchkaffee. Mit Essen habe ich momentan noch nicht viel am Hut, weil es mich sehr anstrengt. Ich hoffe, dass ich die Esserei auch noch etwas trainieren kann.
Unsere Katze ... kürzlich hatte sie sich auf die Tastatur des augengesteuerten Computers gesetzt während dieser im Betriebszustand war. Sebastian gab mir in dieser Zeit gerade die Sondennahrung, da ertönte die Computerstimme "Wann gibt es Essen?" und kurz darauf "Wer sind sie?". Wir haben uns köstlich amüsiert! (Zur Erläuterung: Der Computer hat gespeicherte Sätze, die im Tagesablauf benötigt werden. Ich brauche nur den Satz auf dem Bildschirm anklicken, dann ertönt dieser. Dies lässt sich auch mit der Tastatur bewerkstelligen und diesen Part hatte just unsere Flecki übernommen).
Heute (Freitag) sitze ich nach Tagen der Abstinenz endlich im Rollstuhl mit Wolfgang und Cindy am Frühstückstisch - herrlich! Ich genieße einen Milchkaffee und lasse mich mit Sondennahrung "verwöhnen". Ja, das könnt ihr schon mal nicht, euren Magen von 2 Seiten zu befüllen!?! Etwas erinnert es schon an das "Mastgansprinzip" - nur fehlt der "ollen Gans" der lange Hals... Nachdem ich "gestopft" war, ging's noch kurz an die frische Luft. Als ich nach ca. 1 h wieder im Bett lag, musste ich mich erst mal erholen. Von den 7,5 h im Rollstuhl, die ich vor der OP geschafft habe, bin ich leider noch weit weg. Auch die Folgetage geht's  1 - 1,5 h in den Rollstuhl. Am Sonntag sitze ich mit Madlen zum Frühstück im Garten, während Wolfgang mit den Mönchen am 20. Eibauer Bierzug teilnimmt. 
Zum Abschluss der Woche möchte ich euch "Kindermund" von Luis nicht vorenthalten. Zur Ergänzung unser 2. Enkel, sein Bruder heißt Moritz. Andreas erzählt am Sonnabend am Frühstückstisch, dass sie morgen zum Chorfest nach Moritzburg fahren. Luis sagt: " Ja, ich möchte mitkommen" und nach einiger Überlegung war der nächste Kommentar: "Och nöö! Ich möchte lieber nach Luisburg fahren!" 


11. - 17. 06. 2012
Oh, das war knapp! Wie mir heute von Cindy berichtet wurde, hatte die ITS mir lediglich noch 5 min gegeben, aber mein Anklopfen an der Himmelspforte, wollte keiner hören... Gut so! Aber diese paar Tage im 7. Himmel haben mich weit zurück geworfen, das merke ich nun selbst. Nun brauche ich viel Geduld, um wieder aufgebaut werden zu können. Selbst das Trinken mit dem Strohhalm klappt nicht mehr. Jetzt versuchen wir es löffelweise. Meine Kondition ist sehr gering, nach 2-3 h geht gar nichts mehr, weder sprechen noch was anderes. Also alles gemach, gemach! Ich bitte euch deshalb um euer Verständnis, dass ich bis auf weiteres keine Besuche empfangen kann. Sollte sich Angela Merkel oder Papst Benedikt anmelden, werde ich eine Einzelfallentscheidung treffen!?! So damit wäre das auch geklärtLachanfall Ungeachtet dessen freue ich mich sehr über Einträge ins Gästebuch, Mails etc. 
Am Freitag wird mein Pflegeteam mit einer weiteren examinierten Krankenschwester ergänzt.  Beatrice stammt aus Dresden, hat in der Uniklinik gearbeitet und nach Kiesdorf eingeheiratet. Mit insgesamt 6 Pflegekräften ist meine 24 h - Versorgung jetzt komplett abgesichertLächeln Das Schöne dabei ist der Altersdurchschnitt liegt bei 30 Jahre. Ich liebe es mit jungen Leuten zusammen zu arbeiten, das beugt auch meinem Altwerden etwas vor. 
Inzwischen hat mir Cindy auf eigenen Wunsch den Blasenkatheter entfernt, sodass ich wieder einen Schlauch weniger habe und mich auch wohler fühle. Samstag wage ich es und lasse mich in den Rollstuhl setzten (seit 2 Wochen endlich wieder mal), um eine halbe Stunde den Garten zu genießen. Das klappte auch gut, aber danach war ich schon wieder fix und fertig und habe gleich 2 h geschlafen. 
Damit mein Kopf im Bett in der Sitzposition mehr Halt hat, fertigte mir Herr Döring vom Sanihaus den Prototyp einer Kopfstütze mit beachtlichem Ergebnis: Mein Rübchen traut sich gar nicht mehr seitlich weg zu kippen...


01. - 10. 06. 2012

Aus meinem festen Mittagsschlaf am Samstag weckt mich ganz lieb Luis. Andreas überrascht uns mit ihm. Gemeinsam unternehmen wir einen Spaziergang auf den gestern eingeweihten Spielplatz in Eichgraben. Ein großes Lob der Kommune und den freiwilligen Helfern für diesen gelungenen Tobeplatz!!! Auch ich hatte beim Zuschaun meinen Spaß, denn Andreas mit Luis ließen Cindy auf der Wippe verhungern... Dabei hatte Cindy alles getan, damit meine Spontan-Idee auf den Spielpatz zu gehen überhaupt umgesetzt werden konnte. Danke Cindy dafür!
Morgen, Montag könnt ihr an mich denken, um 8 Uhr werde ich vom Rettungsdienst ins Zittauer Klinikum gefahren. Eine Stunde später will mich der OP-Saal schnappen, um bei mir die PEG zu legen. Rüdiger meint, dass ich dann eine "Ess-Flatrate" besitze Lächeln,die hat eben nicht jeder! Vor dem Eingriff selbst ist mir nicht mulmig, nur das Drumherum im Zusammenhang mit meiner Hilflosigkeit macht mir Gedanken. Aber ich bin ziemlich beruhigt, da mich Cindy begleiten wird bzw. darf. Wenn alles komplikationslos über die Bühne geht, dürfte ich nach dem Mittag wieder Zuhause sein. Na da schauen wir mal...
Wolfgang ist von seiner Reise von Oldenburg planmäßig wieder zurück gekehrt. Leider gesundheitlich total angeschlagen mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit und sonstigem Unwohlsein. 
Montag 14.30 Uhr - Ich bin wieder Zuhause und habe die OP gut überstanden. Der Eingriff selbst dauerte nur 20 min. Den Nachmittag habe ich in meinem Bett komplett verschlafen .


Ich (Rüdiger) ergänze mal das Tagebuch! Ich denke einige treue Leser wissen leider was das bedeutet...

Dienstagmittag, nach einem beunruhigenden Morgen mit vielen Absaugungen, Hustenassistenteneinsätzen, ansteigendem Puls und Herzrasen, hat Cindy letztendlich den Notarzt gerufen. Unsere Mutter kam sofort in die Notaufnahme und kurze Zeit später auf die Intensivstation. Erste Untersuchungen ergaben, dass die PEG nicht der Grund für die plötzliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes war. Die Blutuntersuchungen brachten leichte Entzündunganzeichen hervor und so war die Sorge groß, dass sie sich eine Lungenentzündung eingefangen hat. Doch diese Anzeichen konnten schon am Mittwoch nicht mehr nachgewiesen werden und wir konnten ein wenig Aufatmen. Außerdem erklärten uns die Ärzte dass eine Dehydrierung Grund für die plötzliche Verschlechterung war. Also bekam sie ganz viel Flüssigkeit und bekommt jetzt auch schon durch die PEG mehr als 2L Flüssigkeit bzw. Flüssignahrung, vorher (ohne PEG) hat sie es höchstens auf einen Liter am Tag gebracht. Vati hat sie täglich zweimal besucht, teilte uns leider aber immer mit, dass sie schäft und nicht ansprechbar ist bzw. keine Reaktion zeigt. Donnerstagmittag konnte sie wieder nach Hause. Immer noch sehr schwach aber mit stabilen Werten. Wenn man sie angesprochen hat, gingen kurz die Augen auf, vielen aber gleich wieder zu. Mutti hat uns heute gefragt, ob sie im Krankenhaus war. Sie hat von Dienstagmorgen bis Donnerstagnachmittag anscheinend geschlafen, bzw. nichts mitbekommen.
Das erste kleine Lächeln, nach zwei Tagen völliger Müdigkeit und Erschöpfung, bekam ich von ihr geschenkt, als ich gestern Abend nach 8 Stunden Autofahrt endlich zu Hause angekommen war. Doch auf ein nächstes Lächeln mussten wir etwas warten. Erst heute früh kam dass Nächste und dann das Nächste und das Nächste... Außerdem konnte sie uns wieder deutlich oder besser gesagt durch Rätselraten zu verstehen geben, was sie will und wo es ihr drückt. Das ist wirklich eine Erleichterung. Alles andere ein totaler Blindflug, weil man nicht weiß, was sie braucht oder eben grad nicht braucht. 
Jetzt schläft Sie gerade wieder, während ich hier diese Zeilen tippe. Aber ich weiß jetzt zum Glück, dass sie müde ist, keine Schmerzen hat und mir und den Pflegern verständlichen machen kann, was sie braucht.
Mails oder Gästebucheinträge werden natürlich von mir wieder vorgelesen und wenn es so weitergeht, dann bleiben die Augen bestimmt auch bald wieder länger auf, um den Augencomputer zu bedienen...

So hier bin ich endlich wiederLächeln Das ich mich geistig so aus dem Staube gemacht habe, verstehe ich selbst nicht. Jetzt bin ich langsam wieder auf dem aufssteiigenden Ast.